Home-Office entschädigungspflichtig?

In der Sonntagspresse (https://www.derbund.ch/bundesgericht-verknurrt-arbeitgeber-zu-homeoffice-entschaedigung-287707410182 https://www.nzz.ch/schweiz/arbeitgeber-muessen-einen-teil-der-wohnungsmiete-uebernehmen-wenn-sie-ihre-mitarbeiter-ins-home-office-schicken-ld.1557921 ) war zu lesen, dass das Bundesgericht (4A_533/2018) bereits vor einem Jahr entschieden hat, dass das Bereitstellen eines Arbeitsplatzes im Home-Office sei entschädigungspflichtig. Im konkreten Fall wurde der (ehemalige) Arbeitgeber verpflichtet, rückwirkend CHF 150.00 pro Monat als Entschädigung zu bezahlen. Im Hinblick auf die Empfehlungen des Bundes im Zusammenhang mit dem Coronavirus lohnt sich eine sorgfältige Analyse des Entscheids.

Das Gesetz sieht in Art. 327 und 327a OR vor, wie Auslagen zu vergüten sind. Art. 327 OR regelt, wie Arbeitsgeräte, die vom Arbeitnehmer selbst zur Verfügung gestellt werden: Eine Entschädigung ist geschuldet, sofern nichts anderes vereinbart ist. Das heisst, eine Entschädigungspflicht kann vertraglich wegbedungen werden. Art. 327a OR bestimmt, dass Auslagen, die bei Arbeit an auswärtigen Arbeitsorten anfallen, entschädigt werden müssen. Diese Bestimmung ist teilzwingend, das heisst, es darf nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

Die frühere Rechtsprechung besagte, dass ein auswärtiger Arbeitsort dann vorliegt, wenn die Arbeitsleistung weder am Ort der Betriebsstätte noch am Wohnort des Arbeitnehmers erfolgt (ZH JAR 1983, S. 154; TI SAE 1991, S. 16 ff.). Die Entscheide stammen aber beide aus der Zeit, in der Home-Office noch kaum ein Thema war. Das Bundesgericht stellte im oben erwähnten Entscheid auf jeden Fall nicht auf diese Definition ab, sondern hielt fest, dass bei Home-Office grundsätzlich die Bestimmungen von Art. 327a OR Anwendung finden.

Die Lehre differenziert indes die Anwendung von Art. 327a OR weiter: Sie macht den Unterschied, ob das Home-Office im Interesse des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers genutzt wird. Eine Entschädigungspflicht wird nur dann gefordert, wenn das Home-Office (zumindest teilweise) im Interesse des Arbeitgebers genutzt wird. Das Bundesgericht hat diese Frage nicht differenziert gestellt, da im vorliegenden Fall das Interesse ganz klar auf Seiten des Arbeitgebers gelegen ist: Er hat dem Arbeitnehmer gar keinen Arbeitsplatz angeboten, bzw. anbieten können: „Unbestritten ist aber, dass dem Beschwerdegegner kein geeigneter Arbeitsplatz bei der Beschwerdeführerin zur Verfügung stand (vgl. hiervor E. 6.1). In der Lehre wurde für diesen Fall zu Recht argumentiert, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen bzw. keinen geeigneten Arbeitsplatz anbiete, so sei die Arbeitsinfrastruktur zu Hause für die Berufsausübung jedenfalls notwendig und nach Art. 327a OR erstattungspflichtig.“ (BGE 4A_533/2018, E.6.2). In dem Fall ist es sachgerecht, dass eine Entschädigung erfolgt, die neben Energiekosten, Telefongebühren etc. auch die Raumkosten anteilsmässig vom Arbeitgeber getragen werden. Dies gilt auch dann, wenn keine zusätzlichen Aufwendungen vorliegen, weil beispielsweise kein zusätzliches Zimmer gemietet wird oder ein Flatrate-Abonnement für Telefon/Internet besteht.

Wird die Arbeit im Home-Office im Interesse des Arbeitnehmers geleistet (Bequemlichkeit, Familie), so liegt kein Fall von Art. 327a OR vor. Ein klares Indiz hierfür ist – im Umkehrschluss zum oben genannten Fall – dass ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Es gibt aber auch Mischformen: Wenn er Arbeitnehmer auf Weisung hin nach Arbeitsschluss oder am Wochenende Arbeiten zu erledigen hat, so kommt es häufig vor, dass dies zuhause geschieht. Der Arbeitgeber profitiert von der Möglichkeit, dass sein Arbeitnehmer dezentral und flexibel tätig ist. Deshalb müsste hier eine anteilsmässige Kostenübernahme erfolgen, wobei die Lehre nur für Energie und Telekommunikation eine Pflicht verlangt, nicht für einen Mietanteil (Pascal Domenig: Homeoffice-Arbeit als besondere Erscheinungsform im Einzelarbeitsverhältnis, Bern 2016, RZ 762).

Ob die Rechtsprechung nun auf die Empfehlung des Bundesrates, nach Möglichkeit Home-Office anzubieten, 1:1 angewendet werden kann, ist indes offen. Auch hier ist die Interessensabwägung vorzunehmen. Bei Arbeitnehmern aus der Risikogruppe sind die Vorschriften von Art. 10c der COVID-19 Verordnung 2 zu beachten. Hier ist der Arbeitgeber in der Pflicht, entsprechende Vorkehrungen zu treffen und Home-Office zu ermöglichen. Allerdings gibt es auch hier Einschränkungen: Geht es lediglich um den Arbeitsweg und sind am Arbeitsplatz die Schutzvorkehrungen getroffen, so ist zumindest teilweise ein Interesse des Arbeitnehmers vorliegend.  

Grundsätzlich wird empfohlen, beim Gewähren von Home-Office-Lösungen im grossen Stil, klare Reglemente zu erstellen und die Entschädigung dieser Auslagen klar zu definieren. Das bereits früher erwähnte Werk von Pascal Domenig hat hier gute Checklisten und Muster.

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